Erinnerungen an die Vergänglichkeit

erschienen in der Reihe "Der poetische Blick" - 7

fotografiert von Peter von Neubeck

Niemand schaut aus seinen Fenstern. Schon lange ging niemand
mehr die wenigen Stufen zu seinem Eingang hinauf. Es liegt im
Schatten, wo es doch selber Schein sein sollte. Und dort, wo vor
nicht allzu langer Zeit der Passant noch von Gerichten zu lesen
bekam, dort ist nun noch nicht mal der Kasten heil geblieben.

Im Kleinen ist zu sehen, wie es ums Ganze steht. Vergänglichkeit
trübt die Fenster, bröckelt an der Fassade, klopft die Tür kaputt
und nagt an den Jalousien - und wer weiß wie viele schon von drinnen "jaloux" auf die Gasse geschaut haben. Wie viele gute Tage muss es erlebt haben: der, der es erbauen ließ, hatte doch, wie jeder andere auch, der unternimmt, so einiges vor. Und nun ist es dem Vergessen anheim gefallen, einer imponderablen Gegenwart ausgesetzt, die seine Zukunft wahrscheinlich aus einer Laune bestimmt. Aber wie könnte es auch anders sein?

Ist es nicht der Lauf der Dinge, der ewig gleiche Wechsel des Vergänglichen? Ist nicht der Verfall des einst Lebendigen Voraussetzung, dass es ein Weiterhin gibt? Und schließlich eine Erinnerung? Wie hier, jetzt, in diesen Zeilen? Jedes Mal, wenn ich daran vorbeigehe, werde ich daran erinnert, was das Leben ist: es wird irgendwann eine Ansammlung von Erinnerungen werden, eine Fülle Gewesenem, das aber wert ist, dass es nicht vergessen wird. - Schaute da eben jemand aus einem der Fenster?